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e.tomczak, malerin, heringsdorf 2014
aus der eröffnungsrede zur vernissage "bez granic - grenzenlos" im kunstpavillon heringsdorf

... hans jürgen seliger ist maler und grafiker. das zentrale medium seines künstlerischen ausdrucks ist das künstlerbuch.
seine bücher zeichnen sich vor allem durch präzise durchdachte formen und scheinbar lockere, spielerische anwendungen künstlerischer techniken aus. seine grafiken sind dabei nicht einfach textillustrationen. sie schaffen vielmehr eine gleichwertige ebene, in der text und bild sich gegenseitig ergänzen, durchdringen oder in kontrast zueinander treten. seliger setzt seine eigene symbolik für die bildung neuer ästhetischer und geistiger werte ein.
seine unikate spiegeln die zusammenstellung verschiedener individueller ausdrucksarten im künstlerischen dialog und austausch mit dem betrachter.
hj.seliger ist zugleich erzähler und ein schöpfer von neuen räumen ...

 

r. facchinelli patuzzo, trento 2005
ausstellung im kulturverein "antonio rosmini" in trento

hj.seliger schafft werke eines bestimmten visuellen eindrucks. offensichtlich sind ihre anlagen auf seine einstellung zur stärke der farben, oder die typischen qualitäten der expressionisten zurückzuführen. in der malerei von seliger ist eine teilweise weitergabe der geschichte der malerei zu lesen, die aus der avantgardemalerei kommt. vielfältige reverenzen sind hier dabei zu finden: von nolde bis kirchner und vielleicht auch rouault.
auf der anderen seite war seliger in der lage sich andere lernressuorcen zu sichern.
im erinnern und in einer mitteilenden abstraktion. wie wir heute sehen können: farben, die nicht nur in ihrer expressionistischen projektion gezeigt werden, sondern auch rein sensorisch.
der künstler will das unsagbare beobachten und zur gleichen zeit die unerwartete emotion projizieren. er scheint so selbstverständlich einen einblick in das leben zu erhalten und mit seiner ausdruckskraft die wege bildhaft zu machen, die vielleicht mit existenzialistischen gedanken dort eindringen. ich wage zu sagen, dass seine künstlerische richtung ein wenig anachronistisch ist, welches aber nur im zeitlichen sinn verstanden werden soll. ohne zweifel existiert noch ein starkes expressionistisches potential in einer welt, die nach ein bisschen ruhe und frieden verlangt. es erfordert daher unantastbar die notwendigkeit den wahren sinn des eschatologischen denkens zu verstehen. angesichts all dessen stellt sich die frage: was will das schicksal und die gegenwart von uns ? und welche möglichkeiten sind für den menschen noch möglich? diese fragen, die sich uns stellen suchen nach antworten.
hier ist also die aktion des künstlers, der mit starken moralischen bestrebungen neue wege sucht. seliger umarmt dieses gefühl, weil es dort vielleicht aus dem gefühl der angst, vor denen die sich täuschen und nicht den geist des fühlens haben und nicht die überwältigende liebe zur malerei, die auf den nächsten gerichtet ist und seliger, er scheint ein möglicher träger einer nachricht von der sinnlichen welt zu sein, die der natur gehört, von gedanken die noch nicht frei sind von widersprüchen, welche uns das leben leider bietet.
auch seliger ist an solche widersprüche gebunden, aber auch an die positiven aspekte, die momente der freude und begeisterung. aber nur eine erinnerung, nur einen kurzen seufzer, weil es nutzlos ist es zu leugnen, aber wir leben in einer welt die banalitäten gestattet, vergeblichkeit der technologie, die entscheidungen der menschen stärker zu verfolgen, die unnötigkeit und das glück. seliger ist sich dessen wahrscheinlich bewusst und daher malt er in einem expressionistischen hellsehen oder einer erlösung, die nicht immer schmerzhaft mitteilsam sind. diese entscheidungen sind respektabel, nützlich, um den sinn des lebens, des menschlichen denkens, als auch den wert des lebens eines jeden zu verstehen.
vor grossen hintergründen entwickelt sich das ganze, in dem ungestümen schwindel der hoffnung, in den schwindel der liebe versteckt, aber immer bereit für das leben.
expressionismus als leben und nicht immer nur das gefühl zu schreien. sprechen bringt den schrei zurück und macht damit den menschlichen weg und seine lebenswerte möglich. die essenz besteht vielleicht aus der geprägten inneren spirituellen präsenz.
die farbe und die form, deshalb die stimmigkeiten der rolle des protagonisten in unbestrittenen überwältigenden kompositionen, handlung und realisierung. das alles und die interpretation eines bildes, die irrational auf der reinen emotion der dinge liegt, der wille der zum sofortigen gefühl in der flüchtigkeit der zeit und erinnerung zum ausdruck kommt.
die technik ist hier von grundlegender bedeutung und wesentlicher zugunsten eines herzlichen willens zur schaffung von Farbigkeit, welche sensorisch erklärt wird und in expressionistischer malerei mit saloppen zeichen impressionistischer berührung.
so ist es dann eine malerei des gefühls, eine malerei die auf die stärke der sensibilität setzt und bewusst andere werte von künstlerischem wissen nicht schmälern möchte.

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Pino Bonanno , Schriftsteller, Galerist, ..Venedig 2002

die arbeiten im dezember 2001 in berlin präsentiert, umfassen einen künstlerischen weg, der unter vielen gesichtspunkten lebhaft und interessant ist. vor allem: der künstler "erzählt" die wahnsinnige mischung von herz und himmel, von blut und lymphe, die genealogie von himmelsduft, von der erde und von frischem parfüm der emotion, d.h. er "spricht" von der landschaft, von dem geheimnisvollen erstaunenmachen der jahreszeiten, vom wechsel der zeit, welche sich aufteilt in grauen und lachen und mit unerbittlichem maß eindringt in die räume, welche die feinfühligkeit ihm zugesteht.

so lösen sich im taktmäßigen rhythmus der darstellungen die farblichen gedanken des künstlers, die frei sind von irgendwelcher formaler härte, insbesondere durch die fähigkeit jede zerbrechlichkeit der zeit, jede innere pause sichtbar zu machen.

der künstler kann "sprechen" mit "verzweifeltem wohlklang" von anderen reichtümern, von anderen sehr hohen schönheiten indem er sich einer berauschenden botschaft von licht und farbe anvertraut, von innerem ausgraben und flucht in sehnsüchte. und es gibt einen leitfaden, eine kompakte, ausdrucksstarke dichte im ganzen verlauf der ausgestellten arbeiten: verherrlicht ist der lyrische zauber, ausgesogen aus allen lebenssäften der beobachteten wirklichkeit, welcher durch eine äußerst filtrierte ausdrucksweise und die gewählte beeindruckbare empfänglichkeit beiträgt, den eindruck einer dynamischen ausgewogenheit zwischen der gefühlsmäßigen intensität und der farbigen ausdruckskraft zu schaffen.

und vielleicht liegt die rechtfertigung und reife der malerei von h.j.seliger, im spontanen strömen und im heiteren expressionistischen impuls, welcher sich in der persönlichen struktur seiner arbeiten wiederfindet, in der reinigenden preisgabe an die modernen muster von proportion und harmonie, in der augedehnten fähigkeit, sich anzupassen an das formale magma in zeiten schöpferischer dürre und beeindruckender verworrenheit.

seliger gibt also das abenteuer der kunst wieder mit einem zugriff von großer vitaler energie und einem zeichen bewundernden erstaunens. dieses erstreckt sich über der von reif und sonne durchdrungenen erde und bildet die horizonte neu, die lichter, die farben, die verschleierungen, wie wenn man es auf eine weiße partitur alter harmonien und beschwichtigender melodien übertragen müsse.und dieses alles ist ein, sein bekenntnis von großem vertrauen in die malerei, in die funktion der kunst, wie ein erleuchtender blitz, ganz jenseits der üblichen mitteilungsmuster, wie eroberung der wahrheit und der richtigen proportion existentiellen handelns.

oftmals ersteckt sich das rhythmische des pinsels, ergießt sich in einen schmelztiegel von intimer und aussprechbarer botschaft, projiziert sich in einen prägnanten und suggestiven dialog, welcher einblick gewährt in nicht nur gequälte resonanzen, denn sie sind aufheiternd und durchdacht.

seliger bietet durch die seltene lyrische intensität seiner arbeiten, einen beweis künstlerischer und kultureller folgerichtigkeit, von hoffnung, von autentischer, lebendiger kraft.die welt - man atmet in einer großzügigen vergesslichkeit der bäume, der blätter, der früchte und die seele wirbelt hinter dem gemäßigten licht her, aufgehalten von einer wahrheit des entschleierns - die zeit des künstlers hingegen bewegt sich in schnellen farbschnitten, er sticht und rauft sich im schweiß und im rausch der intuition, einem aufblitzen der realität.

der berliner künstler verbraucht so den filter des genusses und wird fähig, sich auszudrücken ohne zittern und sirenengesänge im abgenutzten raum der täglichen wünsche, die beraubt sind der erhebungen und verzauberungen, auch der wesentlichen gestaltung der grenzen, der umrisse, der realität die uns umgarnt und festhält.

welche realität also müssen wir durchschreiten, um die absolute identität der werke des künstlers zu begreifen? vielleicht müssen wir nur den knoten entdecken, welcher die bilder, eindrücke, gefühle verbindet, den kern der möglichen widersprüche - gefangen wie wir sind in den vorgegebenen kulturellen schemata. indem wir das tun, haben wir den eindruck, einen spielmann aus anderen zeiten zu hören, der uns zugleich von realen und irrealen welten erzählt. er "erzählt" uns vom licht und von seinen wahnsinnigen schrecken, die sich in der nacht zutragen, vom unterirdischen gesang der wasser, vom verzweifelten schrei des windes wenn er den bäumen die farbe raubt.

seliger kennt die nicht preiszugebenden geheimnisse des alchimisten und beharrt auf seinem emotionalen wege ohne erinnern, selbst ohne landeplatz.


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matthias schilling, berlin 2002

h.j.seliger ist ein maler, dessen arbeiten von einem starken emotionalen ausdruck geprägt sind. ausgehend von einer klassischen vorstellung von bildern, fand er mit seiner intensität, seiner kreativen unruhe und leidenschaft zu techniken, die seinem spontanen ausdruckswillen entgegenkamen.

er verarbeitet sein unmittelbares lebensumfeld ebenso, wie besonders intensiv erlebtes während seiner sorgsam vorbereiteten und dem alltag abgerungenen reisen nach frankreich, italien, portugal...; es entstanden landschaften, akte, stillleben und auch porträts, vor allem selbstporträts. die bilder, die sie hier sehen, so spontan und frisch sie wirken, das ergebnis einer langandauernden auseinandersetzung mit einem motiv. sie sind also eines aus einer ganzen folge von variationen, die ähnlich einer bachschen fuge durchgeführt, variiert und gestaltet werden. dabei können bestimmte motive auch nach jahren wieder aufgenommen werden. äußere reize, ehemals anlass zum bild, werden überlagert vom inneren, vom wesen. seelische und menschliche dramen sind das thema seiner arbeiten, exotik spielt sich im innern ab. exemplarisch dafür stehen die über viele jahre entstandenen serien z.b aus der provence.

über anfänglich einfache stillleben, rauminterieurs oder fensterblicke fand er zur figur. die dramatik des empfundenen lebens spiegelt sich im wesen der akte, von der zum verweilen einladenden aktlandschaft bis hin zur martialisch wirkenden aktskulptur im bilde. diese können ausdruck von zuneigung, liebe aber auch von verletzung und demütigung sein. dabei bleibt die täter-opfer-frage immer offen, zwischen künstler und bild, zwischen betrachter und bild, zwischen mann und frau, sowie individuum und gesellschaft. sie bleibt bewußt in der schwebe gehalten.

vom realen ausgehend vollzieht sich wieder und wieder in seinem schaffen eine formale wandlung von impressiven eindrücken mit starken bemühungen um kompositorische verspannungen zum expressiven psychologisierenden ausdruck.

malerei und zeichnung erfahren eine trennung. die arbeiten werden mit der intensität der bearbeitung zunehmend größer, formen sind nicht mehr linear zusammengehalten. sie bilden sich zuweilen aus farbflecken, erhalten ihre substanz aus der farbe. sein künstlerisches werk erfährt eine entfaltung, die der betrachter empfinden kann.

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ingrid schreppel, berlin, 1998


bei meinem atelierbesuch seliger's breitete er mappen und bilder auf treppenpodesten, wänden, zwischen türen und fenstern und fluren für mich aus.
eine flut von intensiver farbigkeit trat mir entgegen, grossformatige flächen mit empfundenen und erlebten landschaften überwältigten.
sein künstlerischer prozess ist noch jung - er besinnt sich auf eine alte aus der kindheit erwachsene leidenschaft - malerei. und der autodidakt entwickelt ein sicheres gefühl für farben, flächen, linien und körper. seine bildsprache entwickelt sich zu dynamischer kraft und die flächen scheinen es nur schwer zu ertragen. ich entdecke eben natürlich gewachsenes, morbides, zwischen monochromer farbigkeit in sicherer malweise umgesetzt.
seliger versteht es, tiefe des geschehens zu formulieren und ich begreife seine abstraktionen die fast labyrinthisches erzeugen. hj. seliger experimentiert mit farben und techniken, das experiment gehört zu seinem schaffen, auch zufälligkeiten werden angenommen...

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